Kind sitzt gelangweilt vor dem Smartphone
Mein Kind ist süchtig nach dem Smartphone - Was tun? (Bild: New Africa - stock.adobe.com)

Ratgeber Smartphone Mein Kind ist süchtig nach dem Smartphone - Was tun?

In Ländern wie Deutschland ist das Smartphone mittlerweile auch schon für Kinder und Jugendliche ein wichtiger Begleiter geworden. Doch die Digitalisierung brachte nicht nur positive, sondern auch negative Effekte mit sich. Unter ihr wird eine komplett neue Generation mitgeformt, die gemeinsam mit den rasanten technischen Fortschritten heranwächst. Für viele erziehende Menschen stellt sich nun die Frage, wie damit umgegangen werden soll. Wie können die positiven Auswirkungen genutzt und die negativen möglichst klein gehalten werden? Es verhält sich hier wie mit vielen Dingen: Extreme sind meistens nicht gut. Wie Sie richtig damit umgehen können, erfahren Sie hier.

Wie sieht es aus mit der Sucht?

Zuerst einmal stellt sich die Frage, wie schlimm die Lage wirklich ist. Sucht kann ein weit gefasster Begriff sein und auch in diesem Bereich wird er, je nach beurteilender Person, immer anders eingeschätzt. Die ältere Generation empfindet es vielleicht schon als Sucht, wenn Jugendliche ihr Handy herausholen, um etwas nachzulesen, während Berufseinsteiger das völlig normal finden. Darum sollte der Begriff Sucht nicht inflationär verwendet werden.

Wenn das ständige Bedürfnis nach dem Griff zum Handy vorherrscht und weniger die Bereitschaft, sich in anderen Bereichen zu betätigen, wird das Verhältnis zwischen Eltern und Kind meist getrübt. Sobald andere Pflichten, aber auch Freizeitaktivitäten wie beispielsweise Sport, zu kurz kommen, sollte dringend über das Verhältnis des Nachwuchses zu dem digitalen Begleiter nachgedacht werden. Wichtig ist, dass es nicht nur auf die Zeit am Handy ankommt, sondern um die Kontrolle über sich selbst. Kann ich noch einschätzen, ob ich zu viel Zeit am Handy verschwende, die ich für andere Dinge bräuchte, und es dann bewusst zur Seite legen?

Smartphones und Jugendliche in Deutschland

Jugendliche und Smartphones haben eine ganz besondere Beziehung zueinander. Was schon fast romantisch anmutet, kann aber auch zum Albtraum werden. Viele kennen noch die Unsicherheit und den sozialen Druck aus der Schulzeit, das Gefühl, dazugehören zu wollen. Smartphones füllen genau diese Lücke. Sie verbinden Menschen und lassen uns soziale Netzwerke ohne großen Aufwand ausbauen. Gefährlich für die Privatsphäre von Heranwachsenden ist unter anderem der problemlose Zugang zu Medien. Sie greifen permanent zum Handy und können innerhalb weniger Minuten an Informationen herankommen. Das hier beschriebene Nutzerverhalten betrifft mittlerweile fast alle Jugendlichen in Deutschland. Sie verbringen im Schnitt mehr als zwei Stunden täglich am Smartphone.

Wichtig ist, zu erkennen, wann die Grenze zur Sucht überschritten wurde. Genau gesagt existiert das Wort Handysucht nicht, da dies nur in den Kreis der Formen von Internetsucht gehört. Die Jugendlichen werden nicht nach einem Gerät an sich süchtig, sondern nach der Aktivität, die hiermit verbunden ist. Die Differenzierung zwischen Sucht nach verschiedenen Aktivitäten mit dem Handy und der Sucht nach Spielen auf dem Handy ist von Bedeutung. Es ist darum wichtig herauszufinden, worum genau es sich jetzt handelt. Damit können Eltern genauer einschätzen, was bei dem Kind nun die Ursache sein könnte. Spielt das Kind permanent Spiele auf dem Handy, geht es wohl weniger um den sozialen Faktor. An Handyabhängigkeit durch sozialen Druck kann mehr durch Stärkung der Selbstsicherheit und durch andere Methoden herangegangen werden, wozu allerdings tiefer greifende Berater hinzugezogen werden sollten.

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Was kann ich konkret tun?

Kind mit Rucksack auf den Schultern tippt auf Smartphone
Smartphone süchtig (Bild: Katarzyna Bialasiewicz -stock.adobe.com)

Es kommt nicht auf das „Wie lange“, sondern an das „Wie“ bei der Handysucht an. Das eigene Kind kann drei volle Stunden am Tag am Handy hängen, aber dennoch gedanklich losgelöst davon den Rest des Tages Aufgaben erledigen und Hobbies nachgehen. Dann ist das meist nur ärgerlich für die Erziehenden. Geht es dem Kind allerdings schlecht ohne Smartphone, wirkt es ängstlich oder nervös und verliert das Interesse an anderen Aktivitäten, sind das klare Anzeichen für eine „Smartphone-Sucht“.

Vieles kann schon im Vorfeld getan werden, zum Beispiel durch Stärkung des Selbstwertgefühls, dem bewussten Umgang mit und Abbau von Ängsten und sozialer Unterstützung. Das Interesse an anderen Aktivitäten wie Sport, Musik, Kunst und vielem mehr kann gezielt gefördert werden. Das Gefühl, etwas gut zu können, stärkt das Selbstbewusstsein und die Selbstsicherheit.

Mit einem vorwurfsvollen Verhalten wird höchstwahrscheinlich nicht viel passieren. So ziehen sich die Jugendlichen noch weiter zurück, und es wird schwer, überhaupt an sie heranzukommen. Darum ist es wichtig, auf die Formulierung zu achten, mit der an die Jugendlichen herangetreten wird.

Als Eltern ist es ebenso wichtig, mit positivem Beispiel voranzugehen und das eigene Nutzerverhalten zu überdenken. Greife auch ich bei jeder Gelegenheit zum Smartphone? Erledige ich viel zu viel über das Smartphone? Denn auch wenn ich selber nicht süchtig bin, kann mein Beispiel viel verursachen.

Feste Regeln und Rituale unterstützen einen bewussten Umgang. Außerdem ist es sinnvoll für den Nachwuchs, zu wissen, wie man die Lesebestätigungen ausschalten kann und wie andere nicht mehr sehen, ob man online ist. Das nimmt eine Menge Stress heraus. Viele Apps sind mittlerweile kostenlos oder für wenig Geld downloadbar, mit denen die Zeit am Handy protokolliert werden kann, um den Überblick zu behalten. Das iOS 12-Update hat eine "Bildschirmzeit"-Funktion sogar integriert. Ganz wichtig: Hierbei darauf achten, auf seriöse Apps zurückzugreifen, um eine Weitergabe von Daten möglichst zu verhindern.

Möglichkeiten des Smartphones nutzen

Wird das Handy verteufelt, will es der Nachwuchs meist umso mehr. Darum sollte nicht vergessen werden, was das Handy so alles kann: Busfahrpläne anzeigen, den eigenen Kalender verwalten lernen und vieles mehr. Musik hören ist für viele Jugendliche wichtig und bereichernd sowie geschmacksprägend.

Die Gefahr besteht, dass bei einer totalen Einschränkung der Smartphone-Nutzung der heranwachsende Mensch irgendwann ein handfestes Problem hat. Denn irgendwann kommt mit Sicherheit das erste Smartphone und dann gibt es keine Bezugspersonen mehr, die einen regulierten Umgang durchsetzen können. Stattdessen greift das Gefühl, endlich ein eigenes Smartphone zu haben und damit häufig auch eine unkontrollierte Nutzung. Wer nicht mit dem Handy umgehen kann, verliert in vielen Bereichen der heutigen Welt. Eine gute Vernetzung und ein sicherer Umgang mit sozialen Medien und Digitalität sind Eintrittskarten in die Arbeitswelt, egal ob in der freischaffenden Musik oder im Büro. Im Sinne der Chancengleichheit sollte darum darauf geachtet werden, dem eigenen Kind nicht die Zukunft zu verbauen in der, ob wir es wollen oder nicht, digitale Kenntnisse fast unerlässlich sind.

Ein gutes Gesamtrezept ist der ausgeglichene und bewusste Umgang, das gute Vorbild und ein ansonsten ausgeglichenes Kind bzw. Jugendlicher. Je näher man am Alltag der eigenen Kinder sein kann, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, frühzeitig zu erkennen, ob es in irgendeiner Art Lücken im Selbstwertgefühl zu füllen versucht.